GenoGate Affäre – Zwischenbericht zum Tag internationalen Tag der Genossenschaft 2016

  Cooperative Governance, GenoGate, UNESCO

Die GenoGate Affäre befasst sich mit der missbräuchlichen Nutzung des Rechtsmantels der eingetragenen Genossenschaft eG durch genossenschaftlich organisierte Universalbanken.
Betroffen sind ca. 18.Millionen Mitglieder der Genossenschaftsbanken in Deutschland.
Aus der Analyse der bereits veröffentlichten EifelGate und GenoGate Papiere geht hervor, dass die Genossenschaftsidee nicht mehr im Sinne der Erfinder umgesetzt wird.

Besonders auffällig ist:

  • Die Gleichbehandlung von Mitgliedern und Nichtmitgliedern.
  • Die Abschaffung von Demokratie und Mitbestimmung durch die Einführung der Vertreterversammlung und deren Wahlordnung.
  • Die absoluten Machtbefugnisse der Vorstände und deren gleichzeitige Abhängigkeit von den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden.
  • Die mangelhafte Prüfung des genossenschaftlichen Förderauftrags durch die Prüfungsverbände.
  • Die enge Verknüpfung zwischen den Genossenschaftsverbänden, der Genossenschaftspolitik und der Gesetzgebung, sowie die Verflechtungen zwischen BVR und Bafin / BaKred. (1)
  • Die Weigerung der staatlichen Kontrollorgane die Genossenschaftsverbände zu
 kontrollieren.
  • Die mangelhafte Kommunikation zwischen Genossenschaft und Genossenschaftsmitglied im Zusammenhang mit der Auflösung bestehender Genossenschaften und den Übergang des Genossenschaftsvermögen im Rahmen einer Fusionen.
  • Die vom EuGH bestätigte, persönliche Haftung der Genossenschaftmitglieder für Ihre Genossenschaftsbank inkl.  der  satzungsgemäßen Nachschusspflicht.
  • Besonders problematisch ist die Abkehr vom genossenschaftlichen Förderauftrag, der offiziell als abstrakt und nicht konkret bezeichnet wird. (1)

GenoLeaks wurde ein unveröffentlichtes Manuskripte des igenos- Arbeitskreises zugänglich gemacht. Der igenos-Arbeitskreis bemüht sich um einen Dialog mit dem BVR und um Transparenz im genossenschaftlichen Verbandswesen. Wobei igenos eine mittelfristige Reform und Verschlankung der Genossenschaftsverbände fordert.

Der igenos-Arbeitskreis bemängelt, dass die Mitgliederinteressen in den Primärgenossenschaften und vor allem auf der genossenschaftlichen Verbandsebene nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die Mitglieder, aber zu Lasten der Mitgliederförderung, für die Kosten des Verwaltungsapparats aufkommen müssen.

Nachstehend, die uns vorliegende Rohfassung des igenos Manuskript vom 2.Juli 2016.  Der Diskussionsbeitrag wurde anlässlich des internationalen Tag der Genossenschaft 2016 verfasst.

+++update+++ die aktuelle Version  Cooperative Governance im Sinne von Corporate Governance
wurde am 23.07.2016 unter GenoLeaks  und unter www.igenos.de veröffentlicht

Was ist CooperativeGovernance und warum ist es Zeit über Cooperative Governance nachzudenken?

  1. Um was geht es?

Jede eingetragene Genossenschaft (eG) ist ein rechtlich selbstständiges Unternehmen. Eigentümer der eG sind ihre Mitglieder. CooperativeGovernance soll das Innenverhältnis, also den Umgang der Genossenschaftsmitglieder mit ihrer Genossenschaft, bzw. die Beziehungen zwischen Genossenschaft und den genossenschaftlichen Prüfungs- Dach- und Spitzenverbänden im Sinne des Genossenschaftsgesetzes verbindlich regeln und gleichzeitig die Rechte und Pflichten der Mitglieder festlegen und stärken.

Die aus der Mitglied = Kunde Beziehung abzuleitenden besonderen Rechte und Ansprüche der Genossenschaftsmitglieder sollten demnach in der Praxis auch überprüfbar umgesetzt und individuell eingefordert werden. Auf keinen Fall darf die Kundenbeziehung zum Nachteil des Genossenschaftsmitglieds ausgelegt werden, da dieses dem genossenschaftlichen Förderauftrag widerspricht.

Aber auch die Rolle des Genossenschaftsvorstands und die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft sind im Rahmen der CooperativeGovernance Diskussion einer kritischen Überprüfung zu unterziehen.

Das gilt vor allem für die genossenschaftlichen Prüfungsverbände. Diese haben den gesetzlichen Auftrag die Ihnen angeschlossenen Genossenschaften unter förderwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen.

  1. Wie soll „Cooperative Governance“ im Alltag einer Genossenschaft funktionieren und worin liegt der Unterschied zu „Corporate Governance“ .

Der kleinste gemeinsame Nenner ist der Begriff „Governance“, der für „Kontroll- und Steuerungs-funktionen“ steht und sprachlich mit „Goverment“ also Regierung, oder Gouvernante im Sinne von „Erzieherin“ verwandt ist.

Der deutlich bekannterer Begriff „Corporate Governance“ befasst sich mit den mehr oder weniger freiwilligen Vorschriften bzw. „Anstands Regeln“ für Wirtschaftsunternehmen: Hierzu grob vereinfacht folgendes Beispiel:

Liebes Unternehmen: Du sollst Deine Mitarbeiter/innen anständig behandeln, fördern und angemessen bezahlen, die Umwelt nicht unnötig verschmutzen, deine Kunden und Lieferanten nicht übermäßig übervorteilen, keine unerlaubten Kartelle bilden, die Ressourcen schonen, Deinen Co2 Fußabdruck reduzieren, Steuern zahlen, keine schwarzen Kassen führen, niemanden bestechen, die freie Marktwirtschaft ehren, Gesetze und Patente achten, nachhaltig produzieren und handeln, freiwillig gesellschaftliche Verantwortung, also Corporate Social Responsibility, übernehmen. Mit freundlichen Empfehlungen “  Dein neoliberaler Wirtschaftsverband.

Folgerichtig sollten sich „Cooperative Governance“ mit den „Anstands Regeln“ für Kooperativen, also den Genossenschaften befassen. Wobei aber auch das besondere, im Identitätsprinzip zum Ausdruck gebrachte Innenverhältnis zwischen Genossenschaftsmitglied und seiner Genossenschaft zu berücksichtigen ist.

Genossenschaftsmitglieder sind keine Zuschauer am Rande des Spielfelds, sondern die Hauptdarsteller. Das Rollenverständnis innerhalb der Genossenschaftsorganisation muss aber grundsätzlich überarbeitet werden. Das gilt auch für die Abstimmung des Drehbuchs.

3.0 Die Umsetzung.

Die dringende Notwendigkeit sich mit Cooperative-Governance, den Anstandsregeln innerhalb einer Genossenschaft, bzw. den Genossenschaftsorganisationen zu beschäftigen, ergibt sich zwangsläufig aus der aktuell feststellbaren Verfremdung der Genossenschaftsidee in Deutschland.

Die Verantwortung für die Herausgabe eines Cooperative Governance Leitfaden, sollte eigentlich bei den genossenschaftlichen Dach- bzw. Spitzenverbänden liegen. Diese Verbände haben den gesetzlichen Auftrag, die Einhaltung des gesetzlichen Förderauftrags zu überwachen und der Prüfung zu unterziehen. Es wäre somit folgerichtig, wenn diese Verbände die Rechte und Pflichten der Genossenschaftsmitglieder in ihrer Geschäftsbeziehung mit ihrer Genossenschaft allgemeinverständlich zusammenfassen und dafür Sorge tragen, dass die gesetzlich geschützte Genossenschaft auch gelebt wird.

Da sich die genossenschaftliche Organisation anscheinend nicht um die Ansprüche und Rechte der Genossenschaftsmitglieder bemüht, muss diese Initiative folgerichtig durch die genossenschaftliche Basis, also durch die Genossenschaftsmitglieder selbst erfolgen. Die Vorbereitungen wurden vom igenos Arbeitskreis übernommen.

Betrachten wir Deutschland im Jahr 2016, dem Jahr in dem die Genossenschaftsidee zum UNESCO Kulturerbe erhoben werden soll, stellen wir fest, dass die Mitsprachemöglichkeiten der Genossenschaftsmitglieder durch die forcierte Einführung der Vertreterversammlung weitgehend eingeschränkt wurde.

Die Genossenschaft entfernt sich von dem Identitätsprinzip, also von ihrer ursprünglichen Idee des Gemeinschaftsunternehmens und wird zu einem austauschbaren Dienstleister, der nicht mehr zwischen Genossenschaftsmitgliedern und Nichtmitglieder unterscheidet. Wobei aber als rechtliche Besonderheit die Genossenschaftsmitglieder auch weiterhin mit der auf das einzelne Mitglied entfallenden Haftsumme für das Nichtmitgliedergeschäft haften.

Der genossenschaftliche Förderauftrag wird offiziell als „abstrakt“ abgetan und darum nicht erfüllt. Lediglich die Mitgliederhaftung, die Nachschusspflicht und der Ausschluss der Mitglieder am Vermögenszuwachs ihrer Genossenschaft bleibt bestehen.

4.0 Das Leistungsverhältnis der Genossenschaft gegenüber ihrem Mitglied als Kunden, das genossenschaftliche Identitätsprinzip erlebt eine Identitätskrise.

Die Ursachen:

4.1. Durch Fusionen entfernt sich die Genossenschaft nicht nur räumlich, sondern auch förderwirtschaftlich, immer mehr von der genossenschaftlichen Basis. Bestehende, kleinere Genossenschaften werden durch Verschmelzung aufgelöst. Das angesparte Mitgliedervermögen wird ohne Information und Wissen der Mitglieder an die übernehmende Genossenschaft verschenkt.

4.2. Der Genossenschaftsvorstand hat laut Gesetz die Aufgabe die Genossenschaft im Sinne der Mitglieder zu führen und seine Mitglieder zu fördern. Wobei der Vorstand vom Aufsichtsrat kontrolliert wird. Die Erfüllung des Förderauftrags ist durch den Genossenschaftsverband sicher zu stellen.

4.3. Der Vorstand einer Genossenschaft befindet sich heute in einer typischen Sandwich Position. Auf der einen Seite ist er gesetzlich verpflichtet den Förderauftrag umzusetzen und seine Mitglieder zu fördern. In seiner heutigen Rolle hat sich der Genossenschaftsvorstand sehr weit von der ursprünglichen demokratischen genossenschaftlichen Werteordnung entfernt. Im Gegenteil Genossenschaftsvorstände werden nach dem Führerprinzip mit der Alleinherrschaft ausgestattet und benehmen sich nicht selten wie Regionalfürsten. Grundkenntnisse des Genossenschaftsgesetz sind bei einem Genossenschaftsvorstand nicht unbedingt zu erwarten, dafür aber absolutes Gehorsam gegenüber seinen Prüfungsverband.

4.4. Rollen und Rollenerwartung. Nach unserer Einschätzung befinden sich die Vorstände aufgrund ihrer Rolle und der damit verbundenen Rollenerwartung in einer direkten Abhängigkeit von ihren Prüfungsverbänden und sind somit gar nicht in der Lage oder bereit die Interessen ihrer Genossenschaftsmitglieder zu vertreten. Im Gegenteil, großzügige „Sondervorteile“ für Genossenschaftsvorstände, z.B im Rahmen einer Fusion und Auflösung einer Genossenschaft , gehen immer zu Lasten der Genossenschaftsmitglieder.

5.0. Die Hauptdarsteller.

Betrachten wir das genossenschaftliche Identitätsprinzip nun einmal aus dem Blickwinkel des Genossenschaftsmitglieds, z.B. dem Miteigentümer seiner Bank Genossenschaft.

5.1.Zunächst ergibt sich wie bei jedem genossenschaftlich organisierten Unternehmen, eine ganz besonderen Art von Geschäftsbeziehung, aber auch eine Abhängigkeitsbeziehung zwischen dem Mitglied und seiner Genossenschaft.

Die „Kunde = Mitglied Beziehung“ ist nach dem genossenschaftlichen Förderauftrag, das wesentliche Unterscheidungsmerkmal der eingetragenen Genossenschaft und unterscheidet diese von jeder anderen Gesellschaftsform. Unterstützt von den genossenschaftlichen Prinzipien der Mitbestimmung und Selbstverwaltung präsentiert sich die Genossenschaft nach außen gerne als eine große demokratisch organisierte Familie. Gleichzeitig wird das Mitglied durch vermeintliche wirtschaftliche Vorteile ermutigt, die gegenseitige Geschäftsbeziehung zu intensivieren. So wird die Genossenschaft schnell zur Haus und Hofbank.

Es ist grundsätzlich im Sinne der Genossenschaftsfamilie, wenn die Mitglieder ihre Geschäftsaktivitäten auf ihre Genossenschaft bündeln und die Genossenschaft so eine hohe Potentialausschöpfung erreicht. Allerdings führt diese intensive Geschäftsbeziehung, von der grundsätzlich immer beide Parteien profitieren sollten, häufig zu einer einseitigen wirtschaftliche Abhängigkeit der Genossenschaftsmitglieder von seiner Genossenschaft. Diese einseitige Abhängigkeit von der intensiven Geschäftsbeziehung kann leicht zu einem Ungleichgewicht und somit zu einem wirtschaftlichen Nachteil für das Genossenschaftsmitglied führen.

Auf der einen Seite soll das Genossenschaftsmitglied sein Geschäft mit der Genossenschaft möglichst ausbauen um einen maximalen Nutzen für sich und seine Genossenschaft zu erzielen. Auf der anderen Seite steigt so die Abhängigkeit des Genossenschaftsmitglieds von seiner Genossenschaft.

5.2. Verbindliche Cooperative Governance Spielregeln sollten dieses Ungleichgewicht grundsätzlich ausschließen.

Folgerichtig ergibt sich aus einer Bündelung des Umsatzes des Genossenschaftsmitglieds auf seine Genossenschaft ein Abhängigkeitsverhältnis, dass zu einer Ungleichbehandlung führen kann, besonders dann, wenn diese Mitglieder zu einem vermeintlichen Risiko für seine Genossenschaft wird. Als Beleg sei die Immobilienkrise im Nachgang der internationalen Bankenkrise 2009 genannt.

Schrottimmobilien und Gifthypotheken war plötzlich in aller Munde. Aber wer hat den kleinen unbedarften Banksachbearbeitern, die ihre Kunden und den Markt kennen, dieses Weltuntergangs-zenario eingeflüstert?
Genossenschaftsmitglieder wurden im Rahmen der Bankenkrise nicht mehr nach Umsatzpotential sondern nach Risikopotential bewertet. Betroffen hiervon waren im Rahmen der Bankenkrise insbesondere Genossenschaftsmitglieder der Kategorie der Selbstständigen.

Egal ob Architekt, Arzt , Apotheker, Bauunternehmer, Bäcker, Fleischer, Dachdecker, MilchbauerVersicherungsvertreter oder Zoofachhändler. Betroffen waren grundsätzlich alle Genossenschaftsmitglieder, die ihre privaten und geschäftlichen Finanzen im guten Glauben auf gute Geschäfte auf ihre Genossenschaftsbank konzentriert hatten.

Im Nachhinein stellt sich die Frage, war es ein zentrale Aufgabe der Prüfungsverbände, die Mitgliederförderung und deren Umsetzung im Rahmen der Bankenkrise zu prüfen oder haben die Prüfungsverbände ihre angeschlossenen Genossenschaften angehalten ihrer Mitglieder nach Risikopotential zu clustern und Genossenschaftsmitglieder mit erhöhten Risikopotential abzuwickeln.

Auch vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die Entwicklung geeigneter Umgangsformen, für einen Dialog auf Augenhöhe, voranzutreiben und die Rolle der Genossenschaftsverbände als Förderer und staatlich geprüfte Wächter der genossenschaftlichen Idee in Frage zu stellen.

Quellennachweis:  Corporate Governance File   Arbeitskreis  igenos / Freunde und Förderer genossenschaftlicher Werte – wir sind die Volksbank e.V.

Zitate / Nachweise:

  1. Im Geschäftsbericht der VR-Bank Nordeifel eG wird der Förderauftrag als „abstrakt“ bezeichnet.
    Im Sinne des Gesetzgebers und der genossenschaftlichen Forschung bedeutet  Mitglieder förderung: Das Genossenschaftsmitglied ist bei seinen Geschäften mit seiner Genossenschaft zu fördern.
  2. GenoLeaks Beitrag: BaKred Protokoll  dokumentiert „Masterplan“ und fordert Eliminierung nicht systemkonformer Vorstände